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Abschied

Manchmal geht es schneller als man denkt.

Januar 2019

Man glaubt immer, die intensive Zeit, die einem mit den Kindern bleibt ist unendlich. Dann rückt das Abitur in greifbare Nähe und Pläne für ein Jahr Auslandsaufenthalt werden geschmiedet.

Ich bin dabei, ich kann sie gehen lassen. Unterstütze das. Erkundige mich, buche mit ihnen Flüge und und und. Der 3. November (Tag des Abflugs) scheint einem im Januar noch unendlich weit weg.

5. August 2019

Dann kommt der Sommerurlaub im August. Eine Hochzeit am Strand. Die Mädels singen mit ihren Gitarren. Die Zeit scheint stillzustehen. Ich genieße. Am 5. August, wir sitzen in Holland am Surfzentrum beim Essen kommt meiner Tochter die Idee, sie könne doch einfach hier bleiben. Bis Ende Oktober hier jobben. Dabei die niederländische Sprache lernen.

Ein neuer Plan

Während des Essens entsteht ein Plan. Die Tante erzählt, dass auf der Website noch Leute zum Arbeiten gesucht werden. In meinem Kind arbeitet es.

Weitere zwei Stunden später steht sie an der Rezeption und fragt nach einem Job. Am Tag darauf hat sie ein Vorstellungsgespräch. Der Tag ist heute.

Falls das nun alles klappt müssen wir ihr hier schnell eine Unterkunft besorgen… und – sie wird nicht mit uns nach Hause kommen!

Ein schneller Abschied. Viel schneller als ich dachte.

Als erstes realisiert das die kleine Schwester, die schon direkt auf dem Weg zum Auto und der Vorstellung, es könnte beim Vorstellungsgespräch klappen, in Tränen ausbricht. Die große Schwester, mit der sie so viel verbindet, geht auf einmal eigenen Wege. Ich tröste sie mit den Worten, dass sie ja mit ihr ins Ausland geht und somit ganz bald wieder ganz viel Zeit mit ihrer Schwester verbringt.

6. August 2019

Gestern, da stand ich noch da und dachte, ich kann die Kinder gehen lassen. Es fällt mir zwar schwer ohne meine Tochter heim zu fahren, ich freue mich aber für sie für dieses tolle Erlebnis und das “hier bleiben können”. Hier in unserer zweiten Heimat, die uns allen so viel bedeutet. Fast schon bin ich ein bisschen neidisch. Ich sage mir, es ist wichtig dass die Kinder die eigenen Wege gehen können. Nehme mich zurück und bin auch ein bisschen stolz auf meine Große, die so mutig neue Dinge ausprobiert.

Heute, eine Nacht danach geht es mir schlecht. Hatte ich doch irgendwie im Kopf, dass es bis 3. November und dem eigentlichen Abschied noch so lange ist. Ich wollte noch etwas mit den Kindern unternehmen. Die Zeit genießen. Jetzt ist der Abschied dann am Samstag. Es überrumpelt mich. Meine Gefühle überrollen mich. Ich will gerade nicht die starke, vernünftige Mutter sein, die gehen lassen kann. Ich will lieber die Glucke sein und meine lieben kleinen noch ein bisschen um mich haben. Es zerreißt mich schier. Vor allem deshalb, weil ich es nicht zeigen möchte. Ich möchte mein Kind nicht einschränken.

Heute überrollt mich die Zukunft! Überrollt mich der nächste Lebensabschnitt mit einer Härte, mit der ich nicht gerechnet hätte. Wie eine riesen Welle schwappt er über mich weg. Reist mich mit……

Man denkt man sei vorbereitet

Man denkt man sei vorbereitet. Ist man aber nicht! Man denkt man hat schon einen genauen Plan. Doch dann, dann spürt man plötzlich dieses ganz große Loch. Die große Leere. Die Sehnsucht und die Trauer die Zeit nicht ein bisschen anhalten zu können. Unzählige Erinnerungen.

Ich denke ich werde noch ein bisschen brauchen und mit den Tränen kämpfen. Doch ich werde gehen lassen können. So wie ich gehen durfte.

Heute verstehe ich einmal mehr, wie schlimm das für meine Großmutter gewesen sein muss und wie tapfer sie damals war. Plötzlich einsam. Nach einem Leben voller Kinder und Enkel und voll Katja, die sie nicht hat alt werden lassen.

Mir graut schon jetzt vor dem 3. November, an dem ich dann beide Mädels in den Flieger setze. Aufbrechend in ein tolles Abenteuer das ich so gerne auch erlebt hätte.

Ich gönne es ihnen. Ich freue mich mit ihnen. Ich bin unglaublich stolz darauf wie groß und eigenständig sie geworden sind. Man kann sie gut gehen lassen. Sie sind groß. Sie haben in den letzten Monaten bewiesen, dass sie gut auf eigenen Beinen stehen können.

Verbundenheit

Heute schaue ich voll liebe auf mein Geburtstagsgeschenk der Kids. Mein Fahrradtattoo. Bald werden vier Fahrräder irgendwo auf der Welt unterwegs sein. Aber die vielen Erinnerungen und unsere Liebe zueinander, die werden die Kilometer nicht vergessen machen. Und richtig trennen kann man uns nie.

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4 Comments

  1. Liebe Katja,

    die Tränen stehen mir in den Augen. Gestern hat sich Mika um ein Stipendium für ein Auslandsjahr beworben.. 30. Juli geht es los. 2021. Also gefühlt „Morgen“. So mein Gedanke, als ich deine Worte lese. Auch ich werde loslassen können. Auch wenn es mich innerlich zerreißt. Er ist dann doch erst 15. Aber es ist das, was er will. Und was er kann. Und was ich mir selbst als 15jährige immer gewünscht habe.

    Ich nehme dich liebevoll in großer Verbundenheit in meine Arme.
    Deine Tanja

  2. Meine liebe Katja! Ich bin dir so dankbar, dass du diesen Beitrag veröffentlicht hast! Es könnten meine Worte sein, die aus dem Herzen kommen.

    Das, was du bereits hinter dir hast, steht mir noch bevor… Die einen trifft es früher, die anderen etwas später.

    Auch wenn der Schmerz des Loslassens unsagbar groß ist, sind wir doch dankbar für die Zeit, die bedingungslose Liebe und die unterschiedlichsten Erfahrungen die uns als Mutter (Eltern) geschenkt wird!

    Du bist toll! 😍

  3. Ich habe vor 2 Jahren Sohn und Tochter in die weite Welt hinausgeschickt—innerlich immer tief verbunden begleiten mich beide wie 2 Luftballons an meinem Handgelenk! Ich schaue ab und an, dass sie gut und hoch fliegen, erfreue mich an ihrem Leuchten am Himmel und bin unendlich dankbar, dass es das Leben bis hier gut mit uns meint! Fühlt dich umarmt, jedes Gefühl ist richtig🥰

    1. Liebe Christiane, verzeih, dass ich Deinen Kommentar erst jetzt frei schalte. Danke für Deine lieben Worte und für die Vorstellung der 2 Luftballons am Handgelenk. Das ist wirklich wunderschön.

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